Debütspielfilmpreise und die Verleihungen
Debütspielfilmpreis 2018
Mit dem estnischen Film „Die kleine Genossin“ von Moonika Siimets eröffnen die 60. Nordischen Filmtage in Lübeck. Damit wird es zum ersten Mal in der Geschichte des Festivals einen baltischen Eröffnungsfilm geben. Die Regisseurin schildert in ihrem Spielfilmdebüt die Erlebniswelt der 6-jährigen Leelo im Estland der fünfziger Jahre, die, eines Elternteils beraubt, unter dem damaligen stalinistischen Regime den Unterschied zwischen Gut und Böse zu erkunden versucht.
Die Filmvorlage zu „Die kleine Genossin“ schuf die bereits mehrfach ausgezeichnete estnische Autorin und Dichterin Leelo Tungal mit ihren autobiografischen Romanen „Comrade Kid and the Grown-Ups“ (2008) und „Velvet and Sawdust“ (2009). In Deutschland erschien ihr Kinderbuch „Schneemann Ludwigs größtes Glück“ (2017).
Debütspielfilmpreis 2019
Der finnische Spielfilm „Aurora“ (OT: „Aurora“, Finnland, 2019) ist das Debüt der Regisseurin und Drehbuchschreiberin Miia Tervo
Aurora (Mimosa Willamo) nimmt das Leben wie es kommt. Zusammen mit ihrer besten Freundin Kinky (Oona Airola) arbeitet sie tagsüber in einem Nagelstudio und macht nachts die Bars unsicher. Dabei schlagen sie oft über die Stränge, was immer mit zu viel Alkohol zusammenhängt. Doch Kinky möchte sich mehr aus dem Partyleben zurückziehen und so weiß Aurora nicht mehr wohin mit sich, denn ihr alkoholkranker Vater (Hannu-Pekka Björkman) bietet ihr genauso wenig ein Zuhause, wie sie es selber kann. Deshalb beschließt sie, nach Norwegen auszuwandern. Dafür braucht sie nur etwas Startkapital. Als sie den Asylsuchenden Darian (Amir Escandari) und dessen kleine Tochter Azar (Elá Yildirim) kennenlernt, erkennt sie die Chance Geld zu machen. Denn Darian braucht eine Frau um im Land bleiben zu können und Aurora will ihm dabei helfen, eine zu finden.
In ihrem Werk vermischt sich dabei typisch Finnisches, u.a. die klimatischen Gegebenheiten des Landes, mit der Beobachtung einer jungen Frau, die sich eigentlich auf einer Abwärtsspirale befindet. Zusätzlich wird das Asylthema gut als Element, aber auch mit dem richtigen Herzschmerz eingesetzt. Dass diese vielen Themen so gut ineinander greifen, liegt an dem klugen Skript, das es schafft alle Menschen sympathisch wirken zu lassen, trotz ihrer teilweisen traurigen Eigenheiten, aber auch die Möglichkeit offeriert, dass sie sich ändern können. Der starke Cast, allen voran natürlich Mimosa Willamo als Aurora, erwecken ihre Figuren wunderbar zum Leben und übertragen den Dialogwitz ebenso gut wie auch die Emotionen. Dabei stimmt das ganze Setting, in dem sie sich bewegen, und Tervo findet eine schöne Bildsprache in einer doch realistischen Umgebung. Im Gesamten besticht der Film mit seiner Inszenierung, der Geschichte, die vieles zu vereinen mag, und den sympathischen Figuren, denen man allen ein Happy End wünscht. So ist „Aurora“ ein Film, den man auf der großen Leinwand gesehen haben sollte, denn er überzeugt mit viel Humor und Gefühl.
Debütspielfilmpreis 2020
Gleich zwei Preise (Baltischer Filmpreis, Preis des Freundeskreis für das beste Spielfilmdebüt) gehen an den finnischen Streifen: „Gesellschaftsspiele“ von Jenni Toivoniemi. Dieser spielt in dem bekannten Setting und auf Basis zahlreicher Filme: Alte Jugendfreunde treffen sich aus Anlass eines Geburtstages nach Jahren für ein gemeinsames Wochenende. Dieses findet auf einer kleinen Schereninsel ohne Handy-Empfang und frei von Ablenkung durch die digitalen Medien statt. Die Jubilarin Mitzi und ihre acht FreundInnen haben jede Menge gutes Essen und reichlich alkoholische Getränke vorrätig, was für eine ausgelassene Feier sorgen soll. Da aber im Wein (Alkohol) sprichwörtlich die Wahrheit liegt, brechen dionysische Tage an, denn jeder und jede hat ein ordentliches Päckchen an Problemen mit auf die Insel gebracht
Kleine Lügen und große Enttäuschungen, versteckte Liebe und Eifersucht, der Wunsch nach eigenen Kindern oder eine große Karriere bergen viel Potential für ausufernde Diskussionen und tränenreichen Streit. Es entspannt sich ein Liebesreigen, der an Arthur Schnitzler erinnert, wo wechselnde Partner miteinander heimlichen Sex haben. Insgesamt ein humorvoller Film in sommerlichen Farben, Dialog-lastig und mitunter etwas vorhersehbar, aber voller Wendungen und erneuter Liebesschwüre.
Debütspielfilmpreis 2021
Cop Secret (in Island auch Leynilögga) ist eine isländische Action-Komödie von Hannes Þór Halldórsson, die im August 2021 beim Locarno Film Festival ihre Premiere feierte.
Es handelt sich bei Cop Secret um das Regiedebüt von Hannes Þór Halldórsson, dem Torhüter der isländischen Fußballnationalmannschaft, der auch das Drehbuch schrieb. Als Co-Drehbuchautoren fungierten Nína Petersen und der Comedian und Schauspieler Sverrir Þór Sverrisson, in Island unter seinem Bühnennamen Sveppi bekannt. Hannes Þór Halldórsson wollte zeigen, wie sein Protagonist Bússi gezwungen ist, sich mit seinen eigenen Vorurteilen und seiner tief in ihm verborgenen Homosexualität auseinanderzusetzen. Nicht nur die Polizeiarbeit, sondern auch der Fußball zeige sich diesem Thema gegenüber sehr verschlossen, weshalb er hoffte, mit dem Film etwas Licht in dieses Thema zu bringen.
Höhepunkt des Films ist ein Fußballspiel der isländischen Frauennationalmannschaft gegen England. Zur Einbindung dieses Qualifikationsspiels für die WM erklärte Hannes Þór Halldórsson, die Frauenfußballmannschaft sei schon lange Zeit international sehr erfolgreich und dies bereits lange vor den Männern. Ihre Einbeziehung in die Geschichte sollte die Macho-Seite des Films ausgleichen
Der coole Bússi ist ein echter Supercop und laut der Nachrichten der beste Polizist in ganz Reykjavik, was er auch selbst so sieht. Bei seinem Job wendet er unverhältnismäßig viel Gewalt an. Er ermittelt gerade in einer Reihe von Banküberfällen, bei denen nichts gestohlen worden zu sein scheint. Die Polizeichefin höchstpersönlich stellt ihm Hörður als neuen Partner zur Seite, einen sehr männlichen Typen mit selbstsicherer Ausstrahlung, der in einem anderen Teil der Stadt als der beste Polizist gilt.
Debütspielfilmpreis 2022
Den store stilhed / The Great Silence
Spielfilme, Dänemark 2022, 95 Min., dän. OF, engl. UT
Alma bereitet sich auf ihr Gelübde vor, das Leben im Kloster scheint der jungen Frau Rückhalt zu geben. Zärtlich kümmert sie sich um eine todkranke Nonne, nimmt aufmerksam die Anrufe auf dem Seelsorgetelefon des Ordens entgegen. Manchmal jedoch verfinstern sich ihre Gesichtszüge, auf ihren Schultern scheint eine Last zu liegen. Alma fügt sich selbst Verletzungen zu. Plötzlich steht ihr älterer Bruder, ein trockener Alkoholiker, vor der Klostertür und damit auch eine verdrängte Familiengeschichte. Welches Geheimnis verbindet Bruder und Schwester? Warum fühlt sich Alma manchmal verfolgt? Was sieht sie, was wir nicht sehen, wenn sie sich durch die dunklen Gänge des Klosters bewegt? Gekonnt spielt Katrine Brocks in ihrem Regiedebüt mit Elementen des Psychothrillers. Mysteriöse Klänge, seltsame Geräusche und Lichteffekte laden Szenen spannungsvoll auf. Mit aller Macht drängt auch auf der visuellen Ebene eine unausgesprochene Schuld ans Tageslicht.
Regie Katrine Brocks +++ Drehbuch Marianne Lentz, Katrine Brocks +++ Produzent:innen Pernille Tornøe
Produktionsfirma: Monolit Film, Slagtehusgade 20, 1. floor, DK-1715 Kopenhagen V, Web: www.monolitfilm.dk
Weltvertrieb: TrustNordisk ApS, Filmbyen 12, 2650 Hvidovre, Mail: info@trustnordisk.com, Web: www.trustnordisk.com
Festivalkontakt: Danish Film Institute, Gothersgade 55, 1123 Kopenhagen K, Mail: dfi@dfi.dk, Web: www.dfi.dk
Cast: Kristine Kujath Thorp (Schwester Alma), Elliott Crosset Hove (Erik), Karen-Lise Mynster (Miriam), Diém Camille Gbogou (Martha), Petrine Agger (Dorothea), Bodil Lassen (Elisabeth)
Debütspielfilmpreis 2023
Å Øve / Practice
Spielfilme, Norwegen / Deutschland 2023, 79 Min., norw. OF, engl./dt. UT, SDH
„Nein“, brüllt Trine ins Telefon. Zum Probespiel beim Orchester der Osloer Oper wird sie nicht fliegen, sondern trampen. Und schon steht die 18-jährige Umweltaktivistin und Trompeterin im knallgelben Regenmantel am Straßenrand. Fünf Tage bleiben ihr, um von den Lofoten in die Hauptstadt zu gelangen. Laurens Pérols Spielfilmdebüt ist ein Roadmovie in doppelter Hinsicht: eine Reise gegen die Uhr und die Reise einer jungen Frau zu sich selbst, mit der Musik von Astor Piazzolla. Trine trifft gleichgesinnte Menschen, muss aber auch manch heftige Diskussion in Sachen Klimakatastrophe führen. In Kirchen, Kuhställen und Turnhallen macht sie ihre Atemübungen und packt die Trompete aus. Mit jedem Kilometer, den Trine zurücklegt, versteht sie sich selbst und ihre Sicht auf die Welt besser. Sie muss nichts erklären, wir sehen und hören, dass sich bei ihr etwas bewegt. Auch ihr Trompetenspiel wird sich verändern.
Regie Laurens Pérol +++ Drehbuch: Laurens Pérol +++ Produzent:innen: Merete Korsberg, Laurens Pérol
Produktionsfirma: Krystallplaneten